RWTH Aachen | Urban Energy Lab 4.0

 Das Urban Energy Lab 4.0 der RWTH Aachen ist ein aus Mitteln des Landes NRW und des EFRE gefördertes Forschungsinfrastrukturprojekt zum Aufbau einer einmaligen und hoch vernetzten Infrastruktur für die Konzeption und Analyse neuer urbaner Energieversorgungskonzepte.


Kältemittellabor
Willst Du das Gebäude verändern, schau auf die Energieversorgung. ​

Wo Menschen leben soll ein angenehmes Raumklima zur Verfügung gestellt werden. Hierfür ist thermische Energie notwendig, die häufig unter Einsatz eines Kältemittelkreislaufs zur Verfügung gestellt wird. Neben den indirekten CO2-Emissionen belasten diese Energiewandlungseinheiten auch mit treibhauswirksamen Kältemittelemissionen das Klima. Eine erfolgreiche Reduktion der Emissionen und ein Austausch der klimaschädlichen hin zu natürlichen Kältemitteln ist daher von besonderer Bedeutung. Die spezifischen Eigenschaften der einzelnen Kältemittel führen jedoch dazu, dass ein Kältemittelkreislauf neben den jeweiligen Betriebsbedingungen/Anforderungen auch speziell für ein bestimmtes Kältemittel ausgelegt ist. Ein einfacher Austausch eines Kältemittels durch ein anderes ist in einer bestehenden Anlage in der Regel nicht möglich.

Für nachhaltige urbane Energiekonzepte gilt es die viefältigen Wechselwirkungen des Kältemittelkreislaufs als Teil des gesamten Energiesystems besser zu verstehen.

 Ein virtueller Rundgang durch das Labor ist hier möglich Virtual Reality Refrigerant Lab

Konzept

Fluorierte Treibhausgase werden heutzutage in der im Rahmen des Urban Energy Lab 4.0 betrachteten urbanen Energieversorgung als Kältemittel in Kälte- und Klimaanlagen eingesetzt. Das Ziel der Emissionsreduktion dieser Stoffe kann durch technische Maßnahmen an den Anlagen erreicht werden als auch durch den Ersatz natürlicher Kältemittel. Die länderspezifischen Bestrebungen werden dabei durch die europäische Gesetzgebung flankiert. Die EU-Verordnung Nr. 517/2014 regelt die schrittweise Beschränkung der Verkaufsmenge von fluorierten Kohlenwasserstoffen (FKW).


Mit neuen Kältemitteln ändern sich auch die Investitions- und Betriebskosten der Anlagen. Die stofflichen Eigenschaften der verschiedenen Kältemittel ändern sich unter bestimmten Druck- und Temperaturverhältnissen, sodass für jedes Kältemittel günstigere oder weniger günstigere Einsatzbereiche entstehen. Es werden daher Forschungsinfrastrukturen benötigt, die eine detaillierte Analyse des Kältemittelkreislaufes in Interaktion mit dem Gesamtsystem ermöglichen. 

In einer zunehmend dezentral organisierten urbanen Energieversorgung wird die Wärmepumpe eine zunehmend relevante Komponente sein. Wärmepumpen bieten die Möglichkeit überschüssigen Strom aus erneuerbaren Energien in Wärme umzuwandeln. Wärme kann günstiger gespeichert werden als Strom. Dies macht die Wärmepumpe zu einer attraktiven Komponente im intelligenten Stromnetz der Zukunft und ermöglicht die Kopplung des Strom- und Wärmesektors. Allerdings ändern sich damit auch die Anforderungen an Wärmepumpen. So können eine Leistungsregelung, eine erhöhte Anzahl an Schaltspielen oder Betriebsstrategien mit veränderten Randbedingungen erforderlich werden. Hier kommt die bisher fehlende Analysemöglichkeit des Kältemittelkreislaufs zum Tragen.


SIMULATION UND EXPERIMENT

Die Leistungsfähigkeit der Wärmepumpe wird neben der Integration in das Gesamtsystem durch vielfältige physikalische Größen innerhalb der Wärmepumpe bestimmt. Sämtliche physikalischen Größen können separat auf den bisherigen Prüfständen nicht erfasst und beeinflusst werden. Entscheidende Größen sind beispielsweise der Arbeitsmittelmassenstrom durch den Kompressor sowie durch das Expansionsventil, die Überhitzung nach der Verdampfung oder die Ventilöffnung. Mit den neuen Untersuchungsmöglichkeiten innerhalb des Kältemittellabors im Urban Energy Labs 4.0 wird eine ganzheitliche Betrachtung des Wärmepumpensystems ermöglicht und die Möglichkeit gegeben weiteres Optimierungspotential für Wärmepumpen und Kälteanlagen aufzuzeigen sowie neue Konzepte zu entwickeln. Insbesondere im Bereich von regelungstechnischen Ansätzen, für die nun auch die internen Zustände im Arbeitsmittelkreislauf mit einbezogen werden können, sind kostengünstige Ansätze zur optimalen Einstellung von Betriebspunkten mit den passenden Druck- und Massenströmen zu erwarten.

Da eine rein experimentelle Untersuchung aller Betriebspunkte sehr kostspielig und zeitintensiv ist, wird das System in einem physikalischen Modell abstrahiert. So kann das System unter verschiedenen Randbedingungen und Betriebseinstellungen simuliert werden. Auf Grundlage der Simulationsergebnisse können gezielt Änderungen am Versuchsaufbau durchgeführt werden. Für die dynamische Simulation integrieren wir die Simulationsmodelle der TIL Bibliothek der TLK Energy GmbH, welche speziell für thermische Prozesse und die Simulation von Wärmepumpen mit diversen Kältemitteln ausgelegt ist. Auf numerischer Seite entwickeln wir in aktuellen Forschungsarbeiten CFD-Modelle für die Einzelkomponenten von Kältekreisen, um einen detaillierten Einblick in die Energiewandlungsprozesse zu bekommen. Hierbei unterstützt uns die Firma Siemens mit der Software StarCCM+. Um die 1D- und 3D-Modelle validieren zu können, werden Experimente durchgeführt. Auch hier können wir uns mit der Westfalen AG auf einen starken Partner verlassen, der uns Kältemittel zur Untersuchung zu Verfügung stellt.